Fehler passieren. Nicht selten. Und das ist gut so. Denn sie sind kein Zeichen von Schwäche. Sie sind der Ausgangspunkt für Wachstum – wenn wir sie richtig nutzen.
Warum Fehlerkultur mehr ist als „nicht bestraffen“
Viele Organisationen hüten sich davor, Fehler offen anzusprechen – aus Angst vor Schuldzuweisung, Imageverlust oder einfach aus Sorge, für jede Kleinigkeit kritisiert zu werden. Doch eine Fehlerkultur, die Fehler verschweigt oder tabuisiert, verhindert genau das, was Unternehmen heute brauchen: Innovation, Anpassungsfähigkeit, Vertrauen.
Eine echte Fehlerkultur heisst:
- Fehler erkennen und benennen, ohne Schuldige zu suchen
- aus Fehlern lernen, statt Verantwortung zu verteilen
- offen über Ursachen sprechen – nicht nur über Symptome
- Prozesse anpassen, statt immer neue Kontrollen einzuführen
Die Säulen einer gesunden Fehlerkultur
Damit Fehlerkultur nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt, braucht es konkrete Grundlagen – auf Menschen- wie auf Systemebene.
Säule
Was sie bedeutet
Beispielhafte Umsetzung
Psychologische Sicherheit
Mitarbeitende müssen sich sicher fühlen, ihre Fehler oder Unsicherheiten anzusprechen.
Führungskraft fragt bewusst nach: „Was lief aus deiner Sicht nicht rund?“ und hört aktiv zu.
Fehler als Lernchance
Fehler sind nicht nur etwas, das man korrigiert – sie sind Infoquellen, um Prozesse und Verhalten zu verbessern.
Nach einem Fehler: Root-Cause-Analyse + Massnahmen, damit es nicht wieder passiert.
Transparenz und Offenheit
Sichtbarkeit von Fehlern hilft, systemische Schwächen aufzudecken.
Fehlerberichte, Lessons Learned Sessions, regelmässige Team-Reviews.
Konsequente Nachbearbeitung
Nur wenn Fehler analysiert und Massnahmen umgesetzt werden, entsteht echter Mehrwert.
Anpassung von Prozessen, Schulung, evtl. technische Änderungen.
Vorbildfunktion der Führung
Leaders müssen zeigen, wie man mit Fehlern umgeht – nicht theoretisch, sondern konkret und menschlich.
Eigene Fehler offen zugeben, Verantwortlichkeiten zeigen und nicht mit Schuldzuweisungen operieren.
Häufige Stolpersteine – und wie man sie umgeht
- Verantwortung vs. Schuldzuweisung verwechseln
Es geht nicht darum, jemanden zu beschuldigen, sondern Ursachen zu verstehen. Wenn Mitarbeitende Angst haben, „jemandem auf die Füsse zu treten“, bleibt vieles verborgen. -
Fehlerächtigung durch Feedbackkultur ohne Empathie
Feedback, das nur kritisiert statt konstruktiv unterstützt, ist selten hilfreich. Es muss immer klar sein: Was kann verbessert werden – und wie? -
Fehlverhalten isoliert betrachten statt systemische Ursachen zu erkennen
Viele Fehler sind nicht individuell, sondern entstanden durch Abläufe, Tools, Schnittstellen. Diese systemischen Aspekte müssen adressiert werden. -
Fehlerkultur nur auf dem Papier
Ein paar Regeln, ein Hinweis im Mitarbeitenden-Handbuch: das reicht nicht. Es braucht aktive Begleitung, Führung, Zeit und Beharrlichkeit. -
Überanalysieren & („Paralyse durch Perfektionismus“) vermeiden
Nicht jede kleine Abweichung muss zum riesigen Projekt werden. Manchmal reicht eine kleine Korrektur, ein einfaches Nachjustieren.
Der Nutzen: Was Unternehmen gewinnen
- Innovationskraft steigt, weil Mitarbeitende mutiger sind, Neues auszuprobieren
- Effizienz verbessert sich, weil Fehler früh erkannt und chronische Schwächen sichtbar werden
- Vertrauen wächst – intern zwischen Mitarbeitenden und Führung & extern, z. B. bei Kunden
- Resilienz nimmt zu: Organisationen sind besser auf unerwartete Herausforderungen vorbereitet
- Lernende Organisation wird möglich – eine Kultur, die sich stetig weiterentwickelt, statt stillzustehen
Schritte zur Einführung oder Verbesserung einer Fehlerkultur
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Bestandsaufnahme: Wie sieht es heute aus? Wo wird noch geschwiegen? Wo gibt es schon gute Beispiele?
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Vision & Leitlinien formulieren: Was wollen wir in Zukunft? Welche Werte gelten hier? Fehler offen, lösungsorientiert, konstruktiv…
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Führungskräfte einbinden & schulen: Weil sie das Klima prägen – durch ihr Verhalten viel mehr als durch Regeln.
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Kommunikation & Ritualisierung: Regelmässige Diskussionen, Reviews, Austausch über Fehler und Erkenntnisse.
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Systeme & Prozesse anpassen: Feedbackmechanismen, Fehlerreporting, Analyseinstrumente wie Root Cause oder Lessons Learned etablieren.
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Erfolge sichtbar machen: Kleine und grössere Verbesserungen teilen – damit Mitarbeitende sehen: Ja, Fehlerkultur bringt wirklich etwas.
Fehlerkultur ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit – gerade in Zeiten, in denen sich Märkte, Technologien und Erwartungen rasch verändern. Wer sie lebt, schafft Nachhaltigkeit; wer sie ignoriert, riskiert Stillstand.
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