Die selbsterfüllende Prophezeiung in der Führung

Veröffentlicht am 28. November 2025 um 09:34

Warum deine Erwartung das Verhalten deines Teams steuert

In der Führung sprechen wir viel über Tools, Strukturen und Prozesse. Was oft vergessen geht, ist der psychologische Hebel, der stärker wirkt als jedes Organigramm und jedes KPI Dashboard deine eigene Erwartung.

Die selbsterfüllende Prophezeiung ist kein theoretisches Konzept aus einem Lehrbuch. Sie ist gelebter Alltag in jedem Unternehmen und beeinflusst jeden Führungsentscheid.
Wer führt, erzeugt Wirkung. Und ein grosser Teil dieser Wirkung findet statt, bevor ein einziges Wort gesprochen wird.

Was ist eine selbsterfüllende Prophezeiung in der Führung

Ganz einfach
Du erwartest ein bestimmtes Verhalten.
Diese Erwartung beeinflusst deine eigene Haltung und dein Handeln.
Deine Haltung und dein Handeln beeinflussen das Verhalten deiner Mitarbeitenden.
Und dieses Verhalten bestätigt am Ende genau das, was du ursprünglich erwartet hast.

Ein Kreislauf, der sich selbst stabilisiert.

Beispiel
Glaubst du, dass ein Mitarbeiter unzuverlässig ist, beobachtest du ihn strenger, kommunizierst kontrollierter und gibst weniger Verantwortung ab. Er spürt dein Misstrauen und reagiert mit Unsicherheit oder passivem Verhalten.
Das Ergebnis bestätigt deine Anfangserwartung
Er scheint unzuverlässig zu sein.

Warum Führungskraefte besonders betroffen sind

Führung erzeugt Realität.
Nicht objektive Realität, sondern erlebte Realität.

Teams orientieren sich an der emotionalen Grundhaltung ihrer Führungskraft. Wenn eine Führungsperson davon ausgeht, dass ein Team kein Interesse an Veränderung hat, wird sie Widerstände stärker wahrnehmen, vorsichtiger kommunizieren und weniger mutige Schritte wagen.
Das Team wiederum reagiert auf diese Zurückhaltung ebenfalls zurückhaltend.

Das Verhalten spiegelt die Erwartung.

Die Psychologie dahinter

In der Wirtschaftspsychologie wird dieser Effekt oft mit dem Pygmalion Effekt oder Golem Effekt beschrieben.
Vereinfacht gesagt
Hohe Erwartungen fördern Leistungsbereitschaft, Vertrauen und Entwicklungsdynamik.
Tiefe Erwartungen bremsen Leistung, Verantwortung und Engagement.

Fakt ist
Menschen erfüllen nicht einfach deine Vorgaben.
Sie erfüllen deine Haltung.

Wie Führungskraefte den Kreislauf durchbrechen können

Du kannst selbsterfüllende Prophezeiungen nicht verhindern, aber du kannst sie bewusst steuern.
Drei zentrale Hebel haben sich in meiner Arbeit als Spezialist für Wandelbegleitung und Prozessoptimierung besonders bewährt

1. Beobachten statt interpretieren

Führung startet nicht mit Meinung, sondern mit Wahrnehmung.
Frage dich regelmässig
Was sehe ich wirklich und was denke ich nur zu sehen
Diese Unterscheidung ist ein Gamechanger.

2. Ressourcenblick statt Defizitblick

Viele Führungsprobleme entstehen nicht, weil etwas fehlt, sondern weil etwas nicht gesehen wird.
Richte dein Augenmerk bewusst auf Stärken, Kompetenzen und Potenziale.
Nicht aus Naivität, sondern aus Führungslogik
Menschen wachsen dort, wo Vertrauen stattfindet.

3. Erwartungen klar kommunizieren

Ungüssbar zu führen ist wie Autofahren im Nebel.
Sage deinem Team klar, was du ihnen zutraust und warum.
Positive Erwartungen erzeugen Energie und Handlungsspielraum.
Misstrauen erzeugt Blockaden.

Selbsterfüllende Prophezeiung als Fuehrungswerkzeug

Richtig eingesetzt ist die selbsterfüllende Prophezeiung kein Risiko, sondern ein strategisches Führungsinstrument.
Wer seine eigenen Erwartungen kennt, kann bewusst gestalten statt unbewusst reagieren.
Wer sie kommuniziert, schafft Orientierung und Vertrauen.
Und wer sie reflektiert, baut eine Führungskultur auf, die Leistung, Verantwortung und Entwicklung ermöglicht.

Fazit

Führung beginnt im Kopf.
Nicht beim Team, sondern bei dir selbst.

Die Frage ist nicht, ob du selbsterfüllende Prophezeiungen erzeugst.
Die Frage ist, welche du erzeugst und ob sie dich deinem Ziel näher bringen.

Wenn du als Führungskraft Kultur gestalten willst, musst du bei deiner eigenen Haltung beginnen.
Der Rest folgt automatisch.

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